„Der Erdstall“ ist die Jahresschrift des Arbeitskreis für Erdstallforschung. Sie erscheint seit dem Jahr 1975 und enthält Fachartikel zu künstlichen Höhlen und informiert über aktuelle Forschungsergebnisse.
Diese Seite bietet eine Übersicht und kurze Zusammenfassung der Inhalte.
Ausgaben von DER ERDSTALL können beim Arbeitskreis für Erdstallforschung bestellt werden (einige ältere Hefte sind bereits vergriffen).
Inhaltsverzeichnis
Karl Schwarzfischer: Die Erdställe im Siedlungsbild des Landkreises Cham, Oberpfalz. S. 4–14
Regine Glatthaar: Erdstall in Wulfing, Stadtgebiet Cham, entdeckt. S. 15–21
Karl Schwarzfischer: Erdstallfund im altbesiedelten Tasching, Lkr. Cham. S. 22–29
Karl Schwarzfischer: Nachtrag zum Bericht über den Erdstall Hochbrunn, Lkr. Cham. S. 30–32
Daniela Lapeyre: Das Souterrain von Martouret (Westfrankreich). S. 33–44
Josef Weichenberger: Der Erdstall von Kleinzwettl (Niederösterreich). S. 37–44
Josef Weichenberger: Über den Bau von Erdställen – Erfahrungen, Vergleiche, Theorien. S. 45–57
Josef Weichenberger: Eine Studienreise zu künstlichen Höhlen Italiens. S. 58–71
Martin Urban: Geschichte unter der Erde – Das Rätsel der unterirdischen Anlagen Kappadokiens (Türkei). S. 72–84
Claus Stephani: Von Menschenhand angelegte Höhlen und Erdlöcher in der Ostmaramuresch und im südlichen Buchenland (Rumänien). S. 85–90
Resi Schwarzfischer: Berichte und Informationen. S. 91–96
Dorothée Kleinmann: Das Symposium der französischen Gesellschaft zur Erforschung der Souterrains in Deneze-sous-Douevom 6.7. -8. 7.1985. S. 97–103
Einladung zurVeranstaltungen des Arbeitskreises für Erdstallforschung und der franz. Gesellschaft zur Erforschung der Souterrains. S 103
Dorothée Kleinmann: Résumés en langue française. S. 104–109
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Exzerpte von Heike Gems-Müller
Erdställe
S. 15–21: Wulfing (Cham) / Lkr. Cham, Oberpfalz (nach Beschreibung von R. Glatthaar): Der in grusig lehmigem bis stark lehmigem, teilweise steinigem und glimmerhaltigem Sand angelegte Erdstall wurde 1985 beim Ausheben einer Baugrube auf dem Gelände eines alten Bauernhofs entdeckt. Durch einen 1,4 m hohen, 0,90 m breiten und 3,60 m langen Gang mit leichtem Gefälle gelangte man zu einer aus größeren Steinbrocken und Erdreich bestehenden Anhäufung, hinter der sich ein senkrecht nach oben führender Schacht (Anm. d. Verf.: wahrscheinlich ein Bauhilfsschacht) befand. Kurz vor dieser Stelle zweigte ein anfangs 0,80 m hoher, 0,65 m breiter und 2,30 m langer Gang nach Westen ab. An seinem Ende lag ein aufwärts gerichteter, mit einer Trittleiste versehener Vertikalschlupf, der durch ein leicht gekrümmtes, etwa 0,95 m breites und 1,10 m hohes Gangstück mit einem zweiten, nunmehr senkrecht nach unten führenden Schlupf verbunden war. Durch diesen stieg man wiederum über eine Trittleiste hinab in einen 0,95 m tiefer liegenden, nach Osten verlaufenden Gang. Nach 2,95 m mündete er rechtwinkelig auf einen nach Norden gerichteten Gang, der mit 5 m Länge, 1,50 bis 1,70 m Höhe sowie 1 m Breite und einer an seiner Ostseite und seinem Nordende herausgearbeiteten Bank den Charakter einer Schlusskammer besaß. Das südliche Ende dieses Gangs war von einer auf Höhe der Bank beginnenden Trockenmauer verschlossen, die sich jenseits des senkrechten (Bauhilfs-)Schachts befand. Die Gestaltung der Anlage ähnelte den zuvor beschriebenen Erdställen in Untervierau, Arnschwang und Schloss Egg (DER ERDSTALL 3, 5 und 7). Mit Lageplan, historischem Kartenausschnitt, Grundriss, Querschnitten und Fotos. Siehe auch: DER ERDSTALL 34 (S. 33).
S. 22–29: Tasching (Cham) / Lkr. Cham, Oberpfalz (nach Beschreibung von K. Schwarzfischer): Bei Bauarbeiten auf dem Gelände eines mitten im Dorf gelegenen Vierseithofs brach 1985 der Boden ein. Durch die Einbruchstelle gelangte man in einen kurzen Erdstallgang, der nach Nordosten hin verschüttet war und sich an seinem südwestlichen Ende zu einem 59 x 75 cm messenden Horizontalschlupf verengte, durch den man einen im rechten Winkel nach Nordwesten abknickenden Gang erreichte. Dieser mit drei größeren Nischen und zwei Lichtnischen ausgestattete Gang führte zu einem abwärts gerichteten 42 x 48 cm messenden Vertikalschlupf, der den Zugang zu einem Gangstück bildete, das wegen einer 70 cm hohen Schicht aus sandigem Material und Steinen unzugänglich war. Nach Entfernen der Füllschicht kam ein 2 m langer, mit einer Lichtnische und einer weiteren kleinen Wandnische versehener Gang zutage, an dessen Ende ein mit Steinen verschlossener Vertikalschlupf nach oben führte. Mit Lageplan, Grundriss, Querschnitten und Fotos.
S. 30–32: Hochbrunn (Roding) / Lkr. Cham, Oberpfalz (nach Beschreibung von K. Schwarzfischer): 1984 sind die drei Jahre zuvor begonnenen Grabungsarbeiten im Erdstall Hochbrunn fortgesetzt worden. Dabei wurde im Norden der Anlage ein 1,80 m langes Gangstück freigelegt, an dessen Ende sich ein nach oben führender Schacht befand. Von diesem Schacht, dessen Untersuchung wegen von oben her nachstürzenden Materials abgebrochen werden musste, zweigte ein fast bis zur Decke verfüllter Gang in westnordwestliche Richtung ab. Von einer Weiterverfolgung des Gangs wurde aus Sicherheitsgründen abgesehen.
Außerdem hat man am Südende des Erdstalls eine Trockenmauer geöffnet und lockeres Material aus dem dahinter befindlichen Hohlraum entfernt. Der Einsturz der Decke über dem freigelegten Bereich machte es jedoch unmöglich, Erkenntnisse über den weiteren Verlauf des Erdstalls nach Süden hin zu gewinnen. Mit Grundriss. Siehe auch DER ERDSTALL 10.
S. 37–44: Kleinzwettl (Gastern) / Bezirk Waidhofen an der Thaya, Niederösterreich (nach Beschreibung von J. Weichenberger): Der seit Langem bekannte Erdstall – zugänglich durch einen Einstieg unter einer der steinernen Bodenplatten der im Ursprung romanischen Wehrkirche Kleinzwettl – ist in Form eines 52 m langen, 1 bis 1,4 m hohen spitzbogigen Gangs, ausgestattet mit 32 Lichtnischen und drei senkrecht nach oben führenden Luftröhren, aus dem anstehenden Flinz herausgearbeitet worden. Auf dem Weg durch die erste Hälfte des mehrfach die Richtung ändernden Gangs passierte man einen genau unterhalb einer der drei im Kirchenschiff errichteten gotischen Säulen in die Erdstalldecke eingefügten großen Stein, ein über eine Länge von 4 m ausgemauertes Gangstück sowie einen nach Osten verlaufenden, verschütteten Seitengang. Die zweite Hälfte des Gangs, beginnend hinter einer rechtwinkelig abknickenden, mit Falzen für Verschlussvorrichtungen versehenen Stelle, ist als 25 m langer Rundgang, von dem ein kurzer, nach Westen gerichteter Seitengang abzweigt, angelegt worden. Mit Lageplan, Grundriss, Aufriss und Fotos.
Erdstallähnliche Anlagen / Mögliche Erdstallfragmente
S. 33–36: Martouret (Pérignac) / Département Charente-Maritime, Frankreich (nach Beschreibung von D. Lapeyre): Die komplexe, vergleichsweise geräumige Anlage ist 1983 beim Einbruch eines Traktors auf freiem Feld zutage gekommen und anschließend unter Leitung der Archäologischen Gesellschaft von Pons freigelegt worden. Die Einsturzstelle erwies sich als Schacht, an dessen Basis in vier Reihen aufgeschichtete, grob behauene Steinblöcke den Durchgang versperrten. Jenseits dieses Hindernisses lag das Nordwestende eines Gangs, wo eine horizontal verlaufende Schlupfröhre in einen Bereich führte, der aus vier unterschiedlich großen Kammern (5 bis 6 m lang, 2 bis 3,20 m breit und 1,50 bis 2 m hoch) bestand, die auf ungleichem Bodenniveau kreuzförmig um einen quadratischen Zentralraum mit einer Seitenlänge von 2,30 m angeordnet waren. Folgte man dem hinter den Steinblöcken befindlichen, 8 m langen, 1,70 m hohen und ebenso breiten Gang, der mit einer Bank von 3 m Länge versehen war, in südöstliche Richtung, so erreichte man eine zweite horizontale Schlupfröhre, die in einen weiteren Gang führte, welcher auf seiner Länge von insgesamt 17,60 m zweifach rechtwinkelig abknickte und 1,45 bis 1,60 m breit sowie rund 1,60 m hoch war. Vom Südende des Gangs zweigte nach Osten hin eine Rundkammer mit einem Durchmesser von 1,20 m und eine nach oben führende Treppe ab, während an seinem Nordende ein mit Trittlöchern versehener Schacht, vor dem wiederum eine aus mehreren Steinreihen bestehende Absperrung eingebaut war, die Anlage mit der Erdoberfläche verband.
Funde
S. 26–29: Tasching (Cham) / Lkr. Cham, Oberpfalz (K. Schwarzfischer): Aus sandiger Erde und Steinen bestehendes Verfüllmaterial enthielt Holzkohle, 142 Scherben (darunter einige glasierte), 16 Dachziegelbruchstücke und einen Knochen. In einem der Erdstallgänge befand sich neben Holzkohlestücken und einer Scherbe ein Mahlstein mit einem ursprünglichen Durchmesser von 1,06 m, der halbiert und an den Seiten abgeschlagen worden war (vgl. Skizze S. 25 und Foto S. 26). In einem weiteren Gang wurden zwei Knochenstücke und etwas Holzkohle gefunden. Siehe auch: DER ERDSTALL 14.
S. 30–32: Hochbrunn (Roding) / Lkr. Cham, Oberpfalz (K. Schwarzfischer): In der sandig-lehmigen Füllmasse, die aus einem Gangstück am nördlichen Ende des Erdstalls entfernt worden war, befanden sich eine Menge Holzkohle, ein verrostetes Eisenstück, Ziegelfragmente, auf der Töpferscheibe geformte Keramik und eine dickwandige, handgeformte, grob gemagerte Scherbe. Beim Eisenstück zeigte sich nach der Rostentfernung, dass es sich um einen Tüllenmeißel handelte (vgl. Skizze S. 31). Aus einem Schacht am Ende des nördlichen Gangstücks wurden neben etwas Holzkohle und einem verkohlten Holzstück hochmittelalterliche Tonscherben sowie weitere dickwandige, grobkörnige Keramikstücke geborgen.
S. 34 u. 36: Martouret (Pérignac) / Département Charente-Maritime, Frankreich (D. Lapeyre): Große Mengen an Füllmaterial, die aus vier in Kreuzform um einen Zentralraum angeordneten Kammern entfernt worden sind, enthielten zahlreiche Funde:
- Keramik aus dem 13. und 14. Jahrhundert, Dachplatten aus der Zeit der Romanik und Ziegel aus der gallo-römischen Periode.
- Metallgegenstände: ein Schlüssel, eine Eisenklinge, ein Meißel, ein Kreuzarm sowie Nägel und Zinken.
- Glas: fünf Bruchstücke „von 1–2 mm Stärke und schwärzlicher Farbe mit grünen und blauen Reflexen“.
- Knochenreste in beträchtlicher Menge, darunter Schädel von zwei Pferden, drei Ziegen, einem Rind, zwei Schweinen und vier Hunden. Außerdem viele Schalen von Schnecken und Austern.
- Holzkohle.
- In einer der vier Kammern befand sich ein „Rondell aus geschwärzten Steinen umgeben von aufgehäuften Knochenresten und Holzkohle“.
S. 92: Unterhartberg (Mitterfels) / Lkr. Straubing-Bogen, Niederbayern (R. Schwarzfischer): In einem Erdstallfragment, das laut Mitteilung des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege 1982 bei Straßenbauarbeiten in Unterhartberg angeschnitten und zerstört worden ist, hatte man Keramikscherben geborgen, aus denen sich ein Gefäß und zwei Deckel zusammensetzen ließen. Die Fundstücke wurden in die Zeit von 1550 bis 1600 datiert und dem Museum Mitterfels übergeben.
Experimentelle Forschung
S. 45–57: Experiment zum Bau von Erdställen – 1. Teil (J. Weichenberger): Nachbau von typischen Erdstallbauelementen unter mittelalterlichen Bedingungen im Schlier-Sediment unweit des Erdstallfundorts Tollet bei Grieskirchen in Oberösterreich.
Fragestellung: Welche Werkzeuge und Techniken fanden Verwendung?
Aufgrund von Bearbeitungsspuren in Erdställen und montanwissenschaftlichen Erkenntnissen kamen beim Erdstallbauversuch zwei Vortriebstechniken mit unterschiedlichen Werkzeugen zum Einsatz:
- Der von einer senkrechten Rille ausgehende Abbau mit Keilhaue.
- Der terrassenförmige Abbau mit Schlägel und Eisen.
Ergebnisse:
- Technik: Der Vortrieb mit Schlägel und Eisen erwies sich als besser geeignet.
- Arbeitsleistung: Vortrieb von 15 bis 20 cm pro 10-Stunden-Arbeitstag bzw. etwa 1 m Ganglänge pro Woche.
- Belastungsfaktoren: Hohe physische Belastung durch ermüdende Körperhaltung, geringe Bewegungsfreiheit, schlechte Beleuchtung und Luftqualität, niedrige Raumtemperatur und hohe Luftfeuchte, hoher Lärmpegel durch Schlaggeräusche.
- Beleuchtung: Die in Erdställen häufig anzutreffenden faustgroßen Wandnischen mit ebenem Boden ließen sich mit wenigen Schlägen fertigen. In Größe und Form eigneten sie sich perfekt für die Aufstellung mittelalterlicher Tonlampen, die in dieser Position (im Gegensatz zu einem Standort auf dem Boden) den Arbeitsplatz gut ausgeleuchtet haben und vor dem Umstoßen geschützt waren. Rußspuren bildeten sich nur bei Verwendung von schlechtem Öl oder kurz vor Erlöschen des Dochts. S. 52: Beispiele für ähnliche Licht-/Lampennischen in anderen Stollensystemen.
- Vorteile eines Bauhilfsschacht: Verkürzung der Bauzeit durch gleichzeitigen Einsatz mehrerer Arbeitskräfte, verkürzte Wege beim Transport des Abraummaterials, bessere Belüftung und Orientierung, zusätzliche Möglichkeit zum Einbringen großer Verschlusssteine.
- Abraummenge: Stündlich anfallende Menge etwa 1 ½ Füllungen eines 10‑Liter‑Behälters.
- Ungerader Gangverlauf: Beim Gangvortrieb einer geraden Linie zu folgen, war unerwartet schwierig. Dies könnte ein Grund für schlangenlinienförmige Gangverläufe sein.
Mit Skizzen, Erdstallgrundrissen und Fotos. Fortsetzung in DER ERDSTALL 13.
(Den vollständigen Artikel finden sie hier.)
S. 95f.: Nachdem 1980 bereits ein Experiment zur Klärung der Frage, ob Personen den Aufenthalt in Erdställen im Brandfall überleben könnten, durch Entzünden eines Feuers an einem horizontal verlaufenden Erdstalleingang stattgefunden hatte (vgl. DER ERDSTALL 7), ist ein ähnlicher Ausräucherungsversuch bei einer Erdstallanlage mit senkrechtem Zugangsschacht durchgeführt worden. Dieser am Erdstall in Wulfing von K. Schwarzfischer und E. Wittenzellner vorgenommene Versuch ergab, dass bei einem schachtförmigen ebenso wie bei einem horizontal angelegten Zugang der Rauch eines dort brennenden Feuers in das Erdstallinnere hineingezogen war und somit das Leben darin befindlicher Menschen gefährdet gewesen wäre.
Historischer Kontext
S. 4–14: K. Schwarzfischer untersuchte die Verbreitung von Erdställen in den Landschafts- und Siedlungsräumen des Oberpfälzer Landkreises Cham, dem Landkreis mit den meisten Erdställen in Bayern. Durch statistische Analysen der Erdstallverbreitung nach topografischen und siedlungsgeschichtlichen Gesichtspunkten kam er zu folgenden Ergebnissen:
- Die Mehrzahl der Erdställe ist in Gebieten, die nicht höher als 500 m liegen, und eine geringe Zahl auch in Höhenlagen von 500–600 m zu finden.
- In zwei von sieben Landschaftsräumen des Chamer Landkreises, nämlich im Hinteren Oberpfälzer Wald und im Hinteren Bayerischen Wald, gab es keine Erdställe.
- Die Erdställe beschränkten sich nur auf die Bereiche des Landkreises, deren Böden von grusigem Granit und Gneis bzw. grusigem, lehmigem bis stark lehmigem Sand, z. T. steinig oder glimmerhaltig, gebildet wurden.
- Die Erdställe waren an bäuerliche Siedlungen gebunden, in denen jedoch nicht jeder Hof einen Erdstall besessen hat.
- Eine Reihe von Erdställen befinden sich bei Kirchen oder Wehranlagen. K. Schwarzfischer vertrat dabei die Annahme, dass die Erdställe bereits vor dem Bau der jeweiligen Kirchen und Wehranlagen an diesen Standorten, bei denen es sich zumeist um die günstigsten Plätze der Siedlung handelte, existiert hatten.
- Nachdem er mithilfe statistischer Auswertungen auf der Grundlage der Ortsnamenskunde und urkundlicher Erwähnungen versucht hatte, die Entstehung von Erdstallorten zeitlich einzuordnen, gelangte Schwarzfischer zu dem Ergebnis, dass „der Bau der Erdställe Hand in Hand mit der Besiedlung gegangen ist“ und Erdställe in der Region von Cham „kontinuierlich vom 8./9. Jahrhundert bis zur ausgehenden Rodungsperiode gebaut worden sind“.
Anhang: Verzeichnis der Erdställe im Landkreis Cham.
Weitere unterirdische Anlagen
Antike Tunnel- und Stollenanlagen in Italien (J. Weichenberger):
- S. 58ff.: Grotte des Cocceius am Avernersee bei Pozzuoli westlich von Neapel: Im ersten Jahrhundert v. Chr. im Rahmen eines Kriegshafenausbaus vom Baumeister Cocceius angelegter, rund 800 m langer Tunnel. Besonders bemerkenswert sind die ausgehend von einer zuvor abgesteckten Trasse in regelmäßigen Abständen in die Tiefe getriebenen Bauhilfsschächte, von denen aus der Tunnelstollen vorgetrieben worden ist. Mit Grundriss, Lageplan und Foto (S. 67).
- S. 60: Ungefähr 200 m langer, bis zu 3,80 m und 4 m hoher, ohne Bauhilfsschacht relativ geradlinig in den Berg geschlagener Stollen bei der Sibyllehöhle am Avernersee. Foto (S. 67).
- S. 60: Orakelstollen der Sibylle von Cumae: 131 m langer, 2,40 m breiter und 5 m hoher, geradlinig verlaufender Stollen mit trapezförmigem Querschnitt aus dem fünften vorchristlichen Jahrhundert. Foto (S. 68).
- S. 60f.: Krypta Romana: Eine ebenso wie der Tunnel am Avernersee dem Wirken des Baumeisters Cocceius zugeschriebene Anlage, die im Wesentlichen aus einem ca. 180 m langen Tunnel und großen, als Zisternen gedeuteten unterirdischen Räumen. Mit Grundriss.
- S. 62: Ein Stolleneingang an der Straße nordwestlich des Lucrinersees bei Pozzuoli führte in eine Anlage mit unbekanntem Alter und Zweck, bestehend aus einem breiten, in weitem Bogen durch den Berg verlaufenden Gang, von dem zwei schmale Seitengänge abzweigten und der an einem Ende verstürzt war. Mit Grundriss und Foto (S. 68).
- S. 62ff.: Grotte des Sejanus: Der fast 770 m lange Hauptgang des aus römischer Zeit stammenden Straßentunnels bei Neapel, dessen Eingangsteil eine Höhe von 8 m und eine Breite von 6 m besaß, und seine drei zu einem Steilabfall beim Meer führenden Seitenstollen wiesen zusammen eine Ganglänge von 984 m auf. Mit Grundriss und Foto (S. 68).
- S. 64: Stollen am Fucinersee bei Avezzano 80 km östlich von Rom: Der im ersten Jahrhundert n. Chr. unter der Herrschaft von Kaiser Claudius zur Regulierung des Wasserstands im Fucinersee angelegte, 5653 m lange Stollen war mithilfe von 33 Bauhilfsschächten, die in eine Tiefe von 17 bis 122 m reichten, gegraben und mit zahlreichen Seitenstollen, die z. T. Versinterungen aufwiesen, versehen worden. Fotos (S. 69).
- S. 64: Stollen am Albanersee: Der 1200 m lange, laut Überlieferung 396 v. Chr. entstandene Stollen ist als Ausfluss (Emissar) für den 20 km südöstlich von Rom in den Albaner Bergen gelegenen Kratersee angelegt worden. Der nur noch 25 m weit begehbare Stollen soll nach ortskundigen Angaben mit 11 Bauhilfsschächten ausgestattet sein. Foto (S. 69).
- S. 65: Stollen am Nemisee: Der 1653 m lange Stollen am unweit des Albanersees gelegenen Nemisee ist ebenfalls in altrömischer Zeit als Entwässerungsstollen gebaut worden. Es ließ sich anhand bogenförmiger Bearbeitungsspuren die Vortriebsrichtung beim Stollenbau, der ausgehend von mehreren Bauhilfsschächten vorgenommen worden ist, und die Stelle, an der die aus zwei Richtungen aufeinander zu gegrabenen Stollenabschnitte zusammengetroffen sind, erkennen. Mit Lageskizze und Fotos (S. 70).
- S. 65 u. 71: Unweit des Nemisees ist 500 v. Chr. ein 600 m langer Stollen zur Trockenlegung des Kraters von Ariccia angelegt worden, in den man durch einen der Bauhilfsschächte gelangen konnte. Mit Lageskizze.
- S. 66 u. 70f.: Ponte Sodo in Veji: Ein etwa 12 km nordnordwestlich von Rom bei der Etruskerstadt Veji (Veio) gelegener, 72 m langer Tunnel, der von Etruskern zur Umleitung eines Flusses gebaut worden ist. Mit Lageplan und -skizze, Grundriss, Längsschnitt und Foto.
Unterirdische Anlagen in Kappadokien (M. Urban):
S. 76: Merkmale:
- Aus dem anstehenden Tuffgestein herausgemeißelte, 1,20 bis 1,80 m hohe Rollsteine mit kleinem runden „Guckloch“ in der Mitte zum Verschließen von Gängen.
- In den Tuff getriebene, unterschiedlich große Gänge und Räume sowie Treppen und Nischen auf bis zu acht Etagen.
- Weinpressereien.
- Bis zu 80 m tiefe Brunnenschächte, die auch der Belüftung dienten.
S. 72–76, 78–83: Ausführungen zur Entdeckungs- und Forschungsgeschichte, Geologie und Geschichte der Region. Mit Skizzen, Karten und Fotos.
Höhlen und Erdlöcher in Rumänien (C. Stephani):
S. 85–90: In der rumänischen Region Ostmaramuresch gibt es zahlreiche Höhlen, die – wie Bearbeitungsspuren und herausgehauene Stufen erkennen lassen – von Menschenhand ausgebaut worden sind. Aus welcher Zeit diese Höhlenerweitungen stammen und wer sie vorgenommen hat, konnte nicht ermittelt werden. Sie bilden allerdings in der Erzählkultur der deutschsprachigen Bevölkerungsgruppe der Zipser vielfach Schauplätze von Märchen und Sagen.