„Der Erdstall“ ist die Jahresschrift des Arbeitskreis für Erdstallforschung. Sie erscheint seit dem Jahr 1975 und enthält Fachartikel zur Erdstallforschung und informiert über Ergebnisse der Forschungstätigkeit im deutschsprachigen Raum.
Diese Seite bietet eine Übersicht und kurze Zusammenfassung der Inhalte von Heft 2.
Ausgaben von DER ERDSTALL können beim Arbeitskreis für Erdstallforschung bestellt werden.
Inhaltsverzeichnis
Georg Spitzlberger: Neue Erdställe aus Niederbayern (Mühlfelden, Burgstall, Eberszell). S. 5–19
Henriette Niedermair: Der Erdstall in Roggenstein. S. 20–27
Peter Kiener: Der Erdleutschupf in Altnußberg. S. 28–39
Resi u. Karl Schwarzfischer: Erdställe in Roding. S. 40–56
Hans Polzer: Ein Erdstall in Grasfilzing. S. 57–61
Dorothée Kleinmann: Die Eishäuser, eigenartige Souterrains. S. 62–69
Karl Schwarzfischer: Die Kreuzkruft von Reichersdorf. S. 70–90
Eberhard von Eberstein: Die Erdställe im Sagenkreis der Drei Jungfrauen. S. 91–96
Otto Huth: Religionsgeschichtliche Bemerkungen zu den „Erdställen“. S. 97
Johann Ascherl: Zum Brauch am Nonnosus-Grab in der Freisinger Krypta. S. 98–103
Karl Schwarzfischer: Das VIII. internationale Symposium für die unterirdische Archäologie in Bergerac (Frankreich). S. 104–106
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Exzerpte von Heike Gems-Müller
Erdställe
S. 6–10: Mühlfelden / Lkr. Passau, Niederbayern (nach Beschreibung von G. Spitzlberger): 1973 entdeckter Erdstall bei einem alten Gehöft, angelegt in „tiefgründig verwittertem Gneis“ unter Verwendung einer „für den mittelalterlichen Bergbau typischen Schrämtechnik“; sehr ausgedehntes Stollensystem mit einer Gesamtstollenlänge von 120 m; ein großer Rundgang von 10 m Durchmesser mit Ganghöhen bis zu 2,50 m und Kriechstellen mit nur 40 cm Höhe; Schlupfe, blinde Stollen; keine Luftschächte, aber trotzdem gute Frischluftversorgung; mit Lageplan, Grundriss, Stollenquerschnitte mit Maßangaben, zwei Fotos. Siehe auch: DER ERDSTALL 20 (S. 110).
S. 10–14: Burgstall bei Hochdorf (Bischofsmais) / Lkr. Regen, Niederbayern (nach Beschreibung von G. Spitzlberger): Bei der 1932 erfolgten Abtragung eines künstlich aufgeschütteten Hügels im Bereich eines ehemaligen Burgstalls bzw. einer „turmhügelähnlichen Anlage“ auf dem „zungenförmigen Ausläufer“ eines Bergrückens waren unterirdische Gänge zutage getreten. Auf dem Gelände eines dort befindlichen Gehöfts sind 1974 wiederum unterirdische Gänge entdeckt worden. Es handelte sich um einen in „tiefgründig verwittertem Gneis“ angelegten Erdstall, bestehend aus Gängen und Kammern mit Bänken sowie einem Vertikalschlupf im ursprünglichen Einstiegsbereich und einem sorgfältig gearbeiteten, 45 mal 55 cm messenden Horizontalschlupf zwischen zwei Kammern, der sich in 70 cm Höhe über dem Bodenniveau befand (Foto S. 10); mit Lageplan, Grundriss, Stollenquerschnitte mit Maßangaben, Fotos.
S.14–17: Ederszell bei Haunkenzell / Lkr. Straubing-Bogen, Niederbayern (nach Beschreibung von G. Spitzlberger): Ein bei einem Bauernhof (1975?) entdeckter, in „Gneiszersatz“ angelegter Erdstall, bestehend aus einem 2,5 m langen Gang, der zu einem Vertikalschlupf führte, durch welchen man in einen in „Schrämtechnik“ gearbeiteten Gang gelangte, der nicht befahren werden konnte, weil er permanent mit Wasser gefüllt war; mit Lageplan, Grundriss, Querschnitt, zwei Fotos. Siehe auch: DER ERDSTALL 20 (S. 110).
S. 20–27: Roggenstein (Emmering) / Lkr. Fürstenfeldbruck, Oberbayern (nach Beschreibung von H. Niedermair): Bereits im 19. Jahrhundert sind die unterirdischen Gänge von Roggenstein, einem mittelalterlichen Burgstall auf einem langgestreckten Höhenzug namens „Emmeringer Leite“, mehrfach beschrieben worden; 1964 ist dort nach einer Sandentnahme eine weitere, zuvor unbekannte, aus standfestem Sand „herausgeschnittene“ unterirdische Anlage sichtbar geworden, bestehend aus zwei weniger als 1 m breiten, aber rund 2 m hohen, nach oben spitz zulaufenden Gängen, die durch einen Vertikalschlupf verbunden waren; jeder der beiden Gänge wies vier größere, immer paarweise gegenüberliegende, ebenfalls nach oben spitz zulaufende Nischen auf; in die Wand des ersten Gangs waren zwei Zeichnungen geritzt; am Ende des zweiten, höher gelegenen Gangs befanden sich mehrere Stufen; die Anlage erschien wenig benutzt; mit Lageplan, Grundriss, Querschnitt, Querprofil, Skizze einer Ritzzeichnung, Fotos.
S. 28–39: Altnußberg (Geiersthal) / Lkr. Regen, Niederbayern (nach Beschreibung von P. Kiener): Seit 1879 bekannter Erdstall auf dem Gelände eines alten, neben der Kirche gelegenen Bauernhofs im kleinen, bereits im 9. Jahrhundert urkundlich erwähnten Ort Altnußberg; vom Zugang im Keller unter einer Scheune aus führte ein rechtwinkelig abzweigender Gang über eine „Schliefröhre“ zu einem Hauptgang, an dessen Ende ein Vertikalschlupf senkrecht nach unten in eine geräumige Schlusskammer mit Bänken an zwei Seiten und gut erkennbaren Bearbeitungsspuren führte; außerdem besaß die Anlage kleine und größere Nischen, kammerartige Gangerweiterungen mit Bänken und an zwei Stellen verschüttete Abzweigungen, wobei nicht geklärt werden konnte, ob es sich um den Beginn von Nebengängen handelte; mit Lageplan, Grundriss, Querschnitten, Skizzen, zahlreichen Fotos und Fotoplan. Siehe auch: DER ERDSTALL 40.
S. 52–56: Pemfling / Lkr. Cham, Oberpfalz (nach Beschreibung von R. u. J. Glatthaar): Ein Erdstallfragment im erstmals 1194 urkundlich erwähnten Pemfling, das vermutlich zu einem bereits 1887 in der Literatur erwähnten Erdstall gehörte, wurde 1975 durch das Anlegen von Suchgräben entdeckt; es handelte sich um einen in grusigem, (stark) lehmigem, z. T. glimmerhaltigem Sand angelegten, 4,50 m langen, rundbogigen Gang mit Bearbeitungsspuren und einem mit fester Erde gefüllten, nach oben führenden Schlupf, der nicht freigelegt werden konnte, weil sich der Gang trotz Abpumpens ständig neu mit Wasser füllte; mit Lageplan, Grundriss, Querschnitten, Fotos.
S. 57–61: Grasfilzing / Lkr. Cham, Oberpfalz (nach Beschreibung von H. Polzer): Auf dem Gelände eines Bauernhofs im 1058 erstmals erwähnten Ort Grasfilzing befand sich im Keller unter einem Schuppen der Zugang zu einem in grusigem und lehmigem Sand angelegten Erdstall, der aus zwei, jeweils einmal fast rechtwinkelig abknickenden Gangabschnitten bestand, die durch einen Horizontalschlupf verbunden waren; Teile eines Gangstücks waren verstürzt; mit Lageplan, Grundriss, zwei Fotos. Siehe auch: DER ERDSTALL 41 u. 43.
S. 70–76: Reichersdorf (Irschenberg) / Lkr. Miesbach, Oberbayern (nach Beschreibung von K. Schwarzfischer): Durch historische Aufzeichnungen gut dokumentierte Entdeckung des Erdstalls im Jahre 1640 beim Brunnengraben auf dem Areal eines Bauernhofes im 1080 erstmals erwähnten Ort Reichersdorf; die Anlage war aus geröllhaltigem, lehmigem Sand herausgearbeitet und bestand aus einem 18 m langen, teils bogenförmig teils gerade verlaufenden Hauptgang, von dem nach jeder Seite hin je ein Nebengang abging; ein auf der östlichen Seite des Hauptgangs abzweigender, 4,50 m langer Nebengang wurde, bevor er in eine hohe Rundkammer führte, von einem 2,77 m langen Gang gekreuzt; ein 2,50 m langer, nach Westen abzweigender Nebengang endete an einem nach unten führenden Vertikalschlupf, durch den man in einen stark gekrümmten, ansteigenden Gang gelangte; an der Westseite des Hauptgangs befand sich außerdem eine volkstümlich als „Kapelle“ bezeichnete, kleine Kammer; mit Abbildungen historischer Dokumente, Grundriss, Querschnitten, Fotos.
Erdstallähnliche Anlagen / Mögliche Erdstallfragmente
S. 40–50: Roding / Lkr. Cham, Oberpfalz (nach Beschreibung von R. u. K. Schwarzfischer):
- S. 40–45: Imhofpark: 1971 entdeckte, aus Kalkgestein herausgehauene unterirdische Anlage, bestehend aus mehreren sich kreuzenden sowie rechtwinkelig abzweigenden Gängen – an einer Stelle zu einer Kammer erweitert; ein nach unten führender, bis zum Rand mit Sand gefüllter Schlupf; Teile der ausgedehnten Anlage sind beim Straßenbau zerstört worden; Lageplan, historische Flurkarte von Roding, Grundriss, Fotos.
- S. 48: In der Höllgasse sind laut Berichten von Anwohnern bei Bauarbeiten 1966 und 1974 unterirdische Gänge und ein alter Brunnen angeschnitten und sogleich wieder verfüllt worden.
- S. 48–50: Bei der Josefikapelle, einer vorromanischen Taufkapelle, wurden laut amtlicher Schreiben und einer Zeitungsnotiz 1935 zwei kurze, einen rechten Winkel zueinander bildende unterirdische Gänge entdeckt, an deren Treffpunkt ein quadratischer, sich verengender Schacht nach unten führte; kurz nach ihrer Entdeckung ist die Anlage verfüllt worden; mit Lageplan und Zeichnung der Kapelle (S. 46f.).
Funde
S. 14: Burgstall bei Hochdorf (Bischofsmais) / Lkr. Regen, Niederbayern (G. Spitzlberger): „Zwei kleinere braune Scherben“, die „mittelalterlich einzustufen“ sind; angeblich sind in den früher entdeckten Gängen ein Eisenschwert und eine Holzkassette gefunden worden.
S. 17: Ederszell bei Haunkenzell / Lkr. Straubing-Bogen, Niederbayern (G. Spitzlberger): Neben dem Vertikalschlupf befanden sich zwei mit einer starken Lehmschicht überzogene Unterteile von Tongefäßen aus dem 14./15. Jahrhundert.
S. 55: Pemfling / Lkr. Cham, Oberpfalz (R. u. J. Glatthaar): Im Gang nahe dem Schlupf lag unter einer starken Schlammschicht auf einer Ansammlung verschieden großer Steine eine größere Steinplatte aus ortsfremdem Material, die „Ähnlichkeit mit dem Teilstück eines Mahlsteins“ hatte; mit Skizze der Platte.
Deutung der Erdstallzweckbestimmung
S. 9: „Fluchthöhlen“; und S. 17: „Verteidigungsanlagen defensiven Charakters“ bzw. „Fluchtstollen, die nur je nach Notwendigkeit und physischem Können verschieden ausgefallen sind“ (G. Spitzlberger).
S. 49: Zur Frage nach der Zweckbestimmung der Rodinger Erdställe nennt K. Schwarzfischer sowohl Gründe gegen die Erbauung als Zufluchtsort (karolingischer Königshof und Befestigung boten ausreichend Schutz) als auch gegen eine Nutzung als heidnische Kultstätte (Roding war als kirchliches Zentrum hierfür kein geeigneter Ort).
S. 77–82: Bald nach Auffindung des Erdstalls in Reichersdorf (Irschenberg) im 17. Jahrhundert hat man der Erde und dem Wasser aus der damals „Kreuzgruft“ genannten Anlage eine heilende Wirkung zugeschrieben und Wallfahrten dorthin unternommen; nachdem für die Wallfahrer zunächst eine Kapelle in einer Erdstallkammer eingerichtet worden war, wurde bald eine Allerheiligen-Kapelle über dem Erdstall erbaut.
Weitere unterirdische Anlagen
S. 62–69: Geschichte, Konstruktion und Funktionsweise unterirdisch angelegter Eishäuser (D. Kleinmann).