Bei einer archäologischen Grabungen in der Gemeinde Lutzmannsburg (Bezirk Oberpullendorf) im Burgenland wurde ein Erdstall vollständig freigelegt. Die Grabungen haben im Sommer 2018 am Areal eines geplanten Hochwasserschutz-Beckens stattgefunden. Dabei konnte nachgewiesen werden, dass die Stelle von der Steinzeit bis ins Mittelalter bewohnt war. Die Grabungen dauerten 4 Monate und fanden von Juni bis Oktober 2018 statt – bei zum Teil 40 Grad in der Sonne. „Aber das Schwitzen hat sich wirklich gelohnt“ meint Archäologin Dorothea Talaa im Gespräch mit der Austria Presse Agentur. Insgesamt konnte das Archäologenteam 150 Kisten Material sammeln. „Was wir da gefunden haben, ist wirklich einmalig“ – freut sich Grabungsleiterin Dorothea Talaa. Gefunden wurden im Rahmen der Grabung auch Tonscherben, Weinkrüge und Werkzeuge. Bei der Siedlung aus dem Mittelalter handelt es sich um das einst am Zagabach gelegene Dorf Spanfurt/Ombos.
Im Gemeindeblatt von Lutzmannsburg schreibt Dorothea Talaa im Juni 2019 über den Erdstall:
„Die unterirdische Anlage bestand aus vier, durch teilweise eingebrochene Gänge miteinander verbundenen Kammern und zwei Ausgängen und war wahrscheinlich oberirdisch mit Lehm verputzten Block oder Fachwerkbauten aus Holz überbaut. Zumindest lassen das Funde von gebranntem Lehmstücken vermuten, die beim Einsturz der Gänge und Kammern in deren Verfüllungen gelangten. Da der Lehm, in dem die Anlage errichtet wurde, nicht sehr standfest war, wurden die Kammern mit massiven Holzeinbauten ausgestattet. Auf der Westseite führte ein enger zickzackformig angelegter Gang über mehrere, aus dem Lehm herausgearbeitete Stufen ins Freie. Eine auf halber Höhe angebrachte Nische an der Südseite des Ausstiegs diente wahrscheinlich als Versteck für wertvolle Güter.
Auf der Ostseite führte ein weiterer, kurzer Gang in eine kleinere Nebenkammer, die mit zwei weiteren Kammern am Süd- und Ostende durch tiefe, enge und teilweise zum Zeitpunkt der Ausgrabung noch nicht eingestürzte Gänge verbunden war. Knapp vor dem Eingang in die östliche Kammer führte der zweite Ausstieg steil nach oben. Sämtliche Kammern waren durch massive Holztüren, die verriegelt werden konnten, gesichert. Der westliche Ausstieg wurde offenbar von innen verschlossen, da ein eiserner, gotischer Schlüssel an der Innenseite der ehemaligen Eingangstür gefunden wurde.
Ein enger, nicht mehr fertig gestellter Schlupf an der Nordseite der Ostkammer ließ die Absicht erkennen, den Erdstall hier weiter auszubauen. Das Gang-Kammersystem diente als Verbindung zwischen den über den Kammern errichteten Häusern und damit als Zuflucht bzw. als Fluchtweg. Der Westausstieg führte außerdem zu einem der beiden Brunnen, wodurch die Wasserversorgung bei einem Aufenthalt in den Kammern gewährleistet war.
Der Erdstall von Lutzmannsburg wurde offensichtlich nach einem bestimmten Bauschema konzipiert und zweifellos von Spezialisten, die über profunde bergmännische Kenntnisse verfügten, gebaut und war zumindest bis ins 14. Jahrhundert in Betrieb.„
Beitrag des ORF-Burgenland:
https://burgenland.orf.at/v2/news/stories/2944518/
Die Forschungsergebnisse zum Erdstall von Lutzmannsdorf wurden 2019 publiziert in
„Der Erdstall von Lutzmannsdorf, Burgenland, Österreich“ in
‚Die künstliche Höhle, Mitteilungsblatt der Interessengemeinschaft Erdstallforschung (IGEF), Jahrgang 2019
https://www.erdstallforschung.de/Publikationen.html