Die hier wiedergegebene Pressemeldung zur Endeckung des Erdstalls in Schardenberg ist erstmals am 26. Juli 2010 an Medienvertreter verschickt worden.
Mittelalterlicher Geheimgang im Innviertel entdeckt
900 Jahre alter „Erdstall“ kam bei Aushubarbeiten in Schardenberg zum Vorschein
Einen Geheimgang aus dem Mittelalter hat ein Landwirt bei Aushubarbeiten auf seinem Hof in der Gemeinde Schardenberg im Bezirk Schärding entdeckt. Als mit dem Bagger eine Grube für einen Kellerraum ausgehoben wurde, kam in etwa zwei Metern Tiefe ein Hohlraum zum Vorschein. Forscher vom Landesverein für Höhlenkunde in Oberösterreich stellten fest, dass es sich um einen von Menschenhand geschaffenen unterirdischen Geheimgang handelt, der von Archäologen als „Erdstall“ bezeichnet wird. Von einer kleinen Kammer führen drei Gänge, die nur kriechend passiert werden können, in unterschiedliche Richtungen. Die Gänge sind am Ende mit Erdreich verfüllt, vom ursprünglichen Gangsystem sind noch 14 Meter erhalten.
Den Zweck des mittelalterlichen Bauwerks, das etwa 900 Jahre alt sein dürfte, beschreibt Josef Weichenberger, Erstall-Experte beim Oberösterreichischen Landesarchiv: „Erdställe wurden im Mittelalter als Zufluchtsanlagen angelegt. Wenn Räuberbanden durchs Land gezogen sind, konnten sich Frauen und Kinder hier – wie vom Erdboden verschluckt – verstecken. Ungewöhnlich an dieser neu aufgedeckten Anlage sind zwei sehr enge Schlupfröhren, mit einem Durchmesser von nur 40 Zentimetern.“
Bei ersten Grabungsarbeiten zur Freilegung des Gangsystems ist auch Keramik aus dem Mittelalter gefunden worden. Unter anderem ein Tongefäß aus dem 15. Jahrhundert. Es dürfte sich dabei um Schuttmaterial handeln, mit dem der Erdstall verfüllt wurde, nachdem das darüber befindliche Wohngebäude abgebrannt war.
Geheimgänge wie der durch Zufall in Schardenberg ans Tageslicht gekommene Erdstall wurden in ganz Mitteleuropa zur Zeit der mittelalterlichen Rodungs- und Siedlungsperiode angelegt. Heute sind nur noch wenige Anlagen erhalten. Im Bezirk Schärding sind nur zwei weitere derartige Geheimgänge bekannt, die sich beide in Münzkirchen befinden. Deshalb soll der neu entdeckte Erdstall weiter freigelegt werden und nach Möglichkeit einen gemauerten Einstieg bekommen und für die Zukunft erhalten werden.
Rückfragehinweis:
Kons. Josef Weichenberger
Erdstallexperte
OÖ Landesarchiv
Mob.: 0699/11 49 41 63
Tel.: 0732/77 20 – 14603
josef.weichenberger@ooe.gv.at